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Biohof Scheibler

Dieter Scheibler und seine Familie unterhalten in Oftringen den Biohof Scheibler und den Lerbhaldenhof.

Dieter Scheibler ist mit Leib und Seele Biobauer und engagiert sich zusätzlich in verschiedenen Institutionen für den Biolandbau.

Die Tiere auf den Höfen werden alle nach Bio-Knospe und KAG-Freiland Richtlinien gehalten und geniessen täglich Auslauf. Ausserdem verzichten die Scheiblers auf den Einsatz von wachstumsfördernden Zusatzstoffen, tierischen Eiweissen oder Fetten und natürlich auch auf gentechnisch veränderte Futtermittel.

Für Dieter Scheibler und seine Familie ist die Produktion von Nahrungsmitteln im Einklang mit der Natur selbstverständlich. Sie setzten sich für eine nachhaltige Landwirtschaft und eine gesunde Umwelt ein. So kann auch die Biodiversität geschützt werden und für die Zukunft erhalten bleiben. Deshalb kommen bei Familie Scheibler auch ausschliesslich Bioprodukte auf den Tisch.

Der Landwirtschaftsbetrieb umfasst 7.5 ha Naturwiese, 5.3 ha Ökofläche, 0.8 ha Hecken / Feldgehölz, 9 ha Kunstwiese, 4.6 ha Weizen, 3.7 ha Gerste, 5.5 ha Erbsen und Bohnen, 2.2. ha Spinat. Der Hof wurde 2007 errichtet und bietet bis zu 60 Mutterkühen (Angus hornlos) und ihren Jungtieren, 20 Aufzuchtrindern, 6 Pensionspferden und einem Stier ein Zuhause. Die Tiere ernähren sich ausschliesslich von Gras und Heu. Die Jungtier werden in einem Kleinschlachtbetrieb ganz in der Nähe geschlachtet. 

Täglich frisch, sind die Produkte von 9.00 bis 20.00 Uhr im Hofladen erhältlich und unter www.biohof-scheibler.ch können Fleisch, Gemüse, versch. Mehl und Körner und 200 weitere Produkte für den täglichen Bedarf gekauft werden. Wir haben mit Dieter Scheibler gesprochen. 

Herr Scheibler, Sie haben 1996 auf Bio umgestellt, was hat Sie dazu bewogen?
Meine Jugendzeit war geprägt vom Biolandbau. Meine Eltern haben sich schon 1953 für den biologisch-organischen Landbau entschieden und sich zusammen mit Dr. Hans Müller vom Möschberg (www.bioforumschweiz.ch) für den Biolandbau eingesetzt. Nach einem kurze Abstecher in die konventionelle Landwirtschaft, war für mich schnell klar, dass Bio für uns das Richtige ist.

Ernähren Sie sich ausschliesslich von Bioprodukten? Wenn ja, warum?
Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ein Biolandwirt produziert das Edelste, lebt von den Erträgen aus dem Verkauf, dann sollte er sich auch davon ernähren und sein Umfeld dazu bewegen, sonst hat er Sinn und Zweck des Biolandbaus nicht verstanden. Das sollte auch bei den Mitarbeitern der bio.inspecta AG so sein und es gibt kaum eine Ausrede dafür.

Sind denn alle Produkte in Bioqualität erhältlich?
Es fällt mir spontan keines ein, dass nicht erhältlich wäre. Ausser vielleicht gewisse Genussmittel. Produkte, die man im Alltag nutzt, sind alle in Bioqualität erhältlich. Vielleicht nicht bei den grossen Detailhändlern, aber in Bioläden und Biohofläden in der ganzen Schweiz. Der Biobauer selbst kann zum nächsten Biobauern einkaufen gehen, wenn er selbst keinen Hofladen führt, oder nicht alle Produkte produziert. Das wird leider viel zu wenig praktiziert, weil oft das Konkurrenzdenken im Weg steht.

Meines Erachtens sollte alles, was vom Feld kommt Bio sein, wie sehen Sie das?
Es wird immer konventionelle und Bioprodukte geben. Aber man sollte sich als Biolandwirt nicht entschuldigen müssen, dass man Bio anbaut. Vor 100 Jahren hat man noch gar nichts anderes gekannt, bis die ersten chemisch-synthetischen Mittel auf den Markt kamen und in Massen eingesetzt wurden. Die Angst, mit Biolandbau weniger oder gar zu wenig anbauen zu können, ist vorherrschend. Bedenken Sie aber, dass wir sehr viele Lebensmittel entsorgen und verschwenden oder noch schlimmer, zu viel essen. 

Ich staune wie viele Lebensmittel entsorgt werden, weil z.B. eine Karotte zu klein, zu krumm oder nicht orange genug ist. Wo führt das hin?
Das ist ein heikles Thema. Man deklassiert eine Karotte bei der Ernte zu einem Futtermittel, wenn sie zu klein ist, wenn Karotten in diesem Jahr überschüssig sind. Bei der Aussaat weiss man noch nicht, wie viele Karotten bis zur Ernte entstehen. Aus diesem Grund gibt es im Gemüsebereich immer zu viel oder zu wenig. Die Natur entscheidet das sehr schnell und unbarmherzig.

Gibt es im Biolandbau auch Überschuss?
Ja, auch im Biolandbau gibt es zu viel. Ich bin nicht sicher, ob die Äpfel, die im letzten Jahr abgelesen wurde, alle konsumiert werden können. 2018 gab es eine Rekordernte bei Äpfeln. In so einem Moment stellt man sich als Landwirt die Frage, verarbeite ich die Äpfel gleich nach der Ernte zu Most, oder doch erst im Mai, nachdem man die Äpfel monatelang gehegt und gepflegt und teure Lagerkosten dafür bezahlt hat und dann feststellt, dass man sie nicht verkaufen kann, weil das Angebot zu gross ist. Im Biobereich entscheidet das der Obstverband und am Ende auch der Konsument, der entscheidet, wie viel er wo von konsumiert. Ein Beispiel: letzten Frühling mussten wir hunderte Tonnen Kartoffeln entsorgen, weil die Ernte im Vorjahr so gross war. Welche Möglichkeiten bleiben einem sonst, wenn man sie nicht verkaufen kann? 

Also zu viel für die Schweizer Bevölkerung?
Richtig aber exportieren kann man sie nicht. Die Konsumenten sollten wieder vermehrt Saisonprodukte kaufen, dadurch könnte der Überschuss verringert werden. Aber das wird gerne vergessen.

Liegt das nicht daran, dass viele gar nicht mehr wissen, was wann Saison hat?
Richtig. Wir machen zwar immer wieder darauf aufmerksam, aber es geht schnell wieder vergessen und wenn der Konsument dann zu Weihnachten Lust hat, frische Erdbeeren aufzuschneiden, dann kauft er die egal, wo sie herkommen.

Im Verband Schweizer Gemüseproduzenten, dem Berufsverband für Gemüseproduzenten sind Sie Bioverantwortlicher, bei Bio Suisse Leiter der Fachgruppe Gemüse und Delegierter von Bio Suisse Aargau. Sie sind sehr engagiert.
Das hängt alles zusammen. Im Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) gehöre ich zum leitenden Ausschuss, weil ich bei Bio Suisse die Fachgruppe Gemüse leite. Delegierter der Bio Suisse Aargau bin ich seit 2005 und habe die Funktion auch heute noch inne. Ausserdem bin ich in der Verarbeitung Gemüse im Vorstand und vertrete dort die Bioproduzenten. Je mehr man im Ganzen vernetzt ist, desto besser versteht man die Zusammenhänge und kann etwas bewegen. Da ich ein unabhängiger Produzent bin, kann ich mich deutlicher äussern, als das reine Gemüseproduzenten tun könnten. So vertrete ich deren Interessen. 

Wofür setzen Sie sich in diesen Gremien hauptsächlich ein?
Der Biolandbau steht nicht still. Da gibt viele Fragen, die wir klären müssen. Welche Nährstoffe darf man in Zukunft im Biolandbau noch einsetzen? Wer bietet in Zukunft Bio Knospe Produkte an, auf welchen Produkten darf sie abgebildet werden. Die Züchtungsproblematik im Pflanzenbau, die immer kleinere Auswahl an Saatgut, weil immer mehr aus einer Hand kommt, der CO₂-Ausstoss, der uns alle betrifft. Die Richtlinien müssen immer wieder angepasst, die Grenzen enger gesteckt werden, weil es immer wieder welche gibt, die die Grenzen zu stark austesten. Diese Fälle deckt ihr als Kontrollorgan auf. Es gibt aber auch Fälle, bei denen wir die Richtlinien anpassen müssen. Gewisse Herausforderungen, müssen umgehend gemeistert werden, für andere bleibt etwas mehr Zeit. 

Welche Neuerungen, Innovationen erwarten uns in der Produktion oder auch im Konsum von Bioprodukten?
Das Schöne an der Innovation ist, dass etwas spontan geschieht – etwas Neues wird entwickelt oder kommt auf den Markt – das weiss man nie im Voraus. Etwas mehr Bio-Konsumenten und etwas weniger «Blabla», wäre schön.

Bio ist in der Zwischenzeit etablierter, als noch vor ein paar Jahren?
Ja, aber gewisse Dinge stagnieren. Problematik Schweinefleisch: da fällt im Moment der ganze Markt zusammen, der Preisabsturz ist nicht aufzuhalten, weil wir ein paar wenige Schweine überschüssig haben. Wir reden von 20–30 Schweinen pro Woche, die den ganzen Markt zerschlagen. Es ist traurig, dass man den Konsumenten nicht dazu bewegen kann, Bio-Schweinefleisch zu kaufen. So könnte man dem Preissturz entgegenwirken. Der Konsument kauft leider nach wie vor das konventionelle Schweinefleisch, weil es massiv günstiger ist und er nicht weiss, was hinter dem Biolandbau alles steckt. Die Konsumenten müssen noch viel ausführlicher darüber informiert werden, was Biolandbau bedeutet. Biolandbau hat nicht zwingend mit Tierschutz zu tun, dafür ist der Tierschutz da. Hinter der Biolandwirtschaft steckt viel mehr. Und die grösste Herausforderung, die wir von Bio Suisse in den nächsten 10 Jahren bewältigen müssen, ist, den Produzenten davon zu überzeugen, auch weiterhin für die Bio Knospe zu produzieren und nicht einfach auf Bundesbio umzusteigen. Die Kosten und der Papierkram für den Produzenten sind nicht zu unterschätzen und es wird nicht einfacher oder günstiger. Ausserdem fehlt vielen Landwirten das Wissen, wie er die Administration einfacher bewältigen soll. Die beste Innovation wäre, das ganze Prozedere zu vereinfachen.

Und wie könnte man das vereinfachen?
Indem man die Kontrollen nur jedes zweite Jahr durchführt, aber in den zwei Jahren sicher einmal einen unangemeldeten Besuch abstattet. Das würde den Papierkrieg, den Aufwand und die Kosten minimieren.

Und wie überzeugt man den Kunden davon, sich ausschliesslich von Bio zu ernähren?
Nun, das ist einfach. Warum will er sich konventionell ernähren? Die Antwort ist in den meisten Fällen «weil es günstiger ist», aber das ist so nicht richtig. Jemand, der sich bewusst ernährt, lebt günstiger. Würde man bei einem durchschnittlichen Einkäufer den Einkaufswagen kontrollieren, müsste er nur ¼ des Wageninhalts nach Hause tragen, den Rest braucht er nicht wirklich. D.h. er hätte ¾ der Kosten sparen, etwas mehr in Bioprodukte investieren und trotzdem sparen können. 

Wie sensibilisiert man den Kunden? 
Hauptsächlich über das Thema Gesundheit. Sobald Kunden mit gesundheitlichen Problemen kämpfen, z.B. Allergien, ernähren sie sich bewusster. Achten mehr drauf, woher die Lebensmittel stammen, wie sie behandelt wurden. Dann führt sie der Wunsch nach gesunden Lebensmitteln in die Bioläden oder Biohofläden. Für viele Konsumenten steht nicht Bio im Vordergrund, sondern die Qualität und die Herkunft der Lebensmittel im Bio- und Biohofladen. 

Warum sind Biokontrollen wichtig? 
Es gibt ein Gefühl von Sicherheit – für beide Seiten. Als Landwirt weiss ich, dass ich es richtig mache, wenn bei der Kontrolle keine Unklarheiten auftreten, ansonsten werde ich darauf aufmerksam gemacht und kann reagieren. Klar gibt es auch Paragraphenreiter, die einem das Leben erschweren, aber die meisten Kontrolleure unterstützen die Produzenten und weisen ihnen den richtigen Weg. Wenn der Produzent unzufrieden ist, wechselt er als erstes die Kontrollstelle, wenn das nicht funktioniert, produziert er «nur» noch Lebensmittel nach der Bio-Verordnung vom Bund. Eine Kontrollstelle ist nach wie vor involviert, aber die Auflagen sind einfacher. Oder er kehrt zur konventionellen Landwirtschaft zurück...

Zum Konventionellen zurück?
Dann war er nie ein Biobauer, sondern ein «Wirtschaftsflüchtling». Ein Biobauer, der aus Überzeugung Bio-Produkte herstellt, kehrt nicht zurück zum Konventionellen. Aber zurück zu Ihrer Frage: Kontrollen sind wichtig, sie geben uns, den Produzenten, aber auch den Konsumenten Sicherheit. Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass kontrollierte Produkte auch wirklich Bio sind und den Richtlinien entsprechen und der Produzent, weiss, dass er alles richtig macht. 

Es ist in der Schweiz aber nicht so einfach. Das Land ist sehr klein und Biolandbaubetriebe und konventionelle Betriebe liegen so nahe beieinander, wie stellt man sicher, dass die Bioprodukte nicht kontaminiert werden vom Nachbar?
Der Bioproduzent stellt mit verschiedenen Massnahmen sicher, dass so etwas nicht geschieht. Sollten dennoch Schadstoffe auf das Feld geraten, wird die Kontrollstelle informiert. Im Anschluss wird ermittelt, was vorgefallen ist und entsprechende Massnahmen werden getroffen. Unter Umständen kann es für den konventionellen Landwirten kostenintensiv werden, wenn sich herausstellt, dass er z.B. bei starkem Wind seine Felder gespritzt hat. 

Ist die Komplexität im Biolandbau nicht mitunter ausschlaggebend dafür, dass viele Produzenten irgendwann kapitulieren? 
Das kann durchaus ein Grund dafür sein. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass auch der konventionelle Bauer oder der IP Suisse Bauer kontrolliert wird. Auch er muss Journale ausfüllen und alles notieren, damit er zu seinen Direktzahlungen kommt.

Ein spannendes Thema, mit dem man sich stark auseinandersetzen muss, wenn man alle Zusammenhänge verstehen will.
Ja, es ist und bleibt spannend. Die Biobewegung ist nie abgeschlossen und es ist sicher nicht immer einfach, mitzuhalten. Man muss Vieles wissen, auch als Konsument. Man sollte sich aber die Zeit nehmen und sich informieren, seiner Gesundheit zu lieben, aber auch für die Zukunft unserer Natur.