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Kontrollerlebnisse: Tierhaltung im Spätherbst

Andreas Müller, bio.inspecta AG

Die Saison der Hauptkontrollen auf den Biobetrieben neigt sich dem Ende entgegen. Ein alter und etwas abgedroschener Grundsatz muss aber stets wieder ins Bewusstsein gerufen werden, denn er besitzt weiterhin seine Gültigkeit: nach der Biokontrolle ist vor der nächsten Biokontrolle.

Erfahrungsgemäss tritt ein beträchtlicher Teil der Mängel bei der Tierhaltung im Spätherbst auf. Es lohnt sich also rechtzeitig ein Augenmerk auf diesen jahreszeitlich gesteuerten Aufgabenbereich zu werfen. Die nachfolgenden Hinweise fussen auf den Erfahrungen der Biokontrollen, welche die bio.inspecta im Herbst durchführt.

Weidehaltung bei nasser Witterung
Der Klassiker schlechthin unter den herbstlichen Mängeln ist die Beweidung einer Futterfläche mit nicht ausgezäunten, morastigen Stellen. Hierbei handelt es sich um einen Raus-Mangel, welcher zu Direktzahlungskürzungen führen kann.  

Falls die Weidefläche als Folge ungünstiger Witterungsbedingungen flächendeckenden Morast aufweist und den Weidetieren keine andere Wahl bleibt, als sich auf dieses unvorteilhafte Terrain zu legen, droht eine übermässige Verschmutzung der Tiere. Womit der Sachverhalt eines Tierschutzverstosses vorliegt.

Die Konstellation morastige Weide und verschmutze Tiere wird leider regelmässig angetroffen. Nicht selten löst ein andauernder Aufenthalt auf feuchtem Boden, vor allem bei Schafen, auch Klauenprobleme aus. Werden diese nicht sachgerecht behandelt und im Behandlungsjournal dokumentiert, liegt abermals ein Tierschutzverstoss vor.

Bei dauerhafter Haltung im Freien dürfen Plätze, auf welchen sich die Tiere vorwiegend aufhalten, nach der Tierschutzverordnung nicht morastig oder übermässig mit Kot verschmutzt sein. Die Tränkestelle sowie Liegeplätze und eine allfällige Heuraufe sind Hotspots für Tierschutzverstösse, welche als Folge von Morast erhoben werden.

Bei nasser Witterung kann durch festgestellte Mängel also sehr bald ein ausgesprochen kostspieliges Problem auf den Betrieb zukommen.

Zusatzfutter zur Weideration
Um Verdauungsproblemen und der gefürchteten Blähung, welche vor allem im Herbst und an Tagen mit Nordwind auftritt, vorzubeugen, werden nicht selten Zusatzfuttermittel verabreicht. Hierbei gilt es zu beachten, dass sämtliche Futtermittel, welche nicht mit der Hilfsstoff-Knospe versehen sind, in der Betriebsmittelliste geführt sein müssen. Sind sie dies nicht, wird für eine legitime Verabreichung die Anordnung einer Veterinärperson und zusätzlich eine Bewilligung der FiBL Futtermittelgruppe benötigt.

Eine Heugabe beugt auftretenden Problemen, verursacht durch einseitiges Herbstweidegras, vor. Falls die eigenen Futtermittelvorräte nicht ausreichen, muss berücksichtigt werden, dass Wiederkäuer 100 Prozent Schweizer Knospe-Futter bekommen müssen.

Da ein grosses Angebot auf Biomondo existiert, sind die Aussichten auf eine Bewilligung für den Zukauf von Nicht-Knospe-Futter ungünstig, auch wenn die Kriterien dafür gegeben wären (Mäuse- und Wasserschäden). Auf den Kontrollgängen werden regelmässig Mängel im Zusammenhang mit Zusatzfuttermitteln und nicht biologischem oder Nicht-Knospe-Grundfutter festgestellt.

Aufstockung des Tierbestandes
Gerade weil im Erntejahr 2024 auf den meisten Betrieben genügend Futtermittel konserviert wurden, ist auf einigen Betrieben eine mögliche Aufstockung des Tierbestandes Gegenstand der Überlegungen. Hierbei gilt es nebst der Tatsache, dass Futtermittelvorräte immer vorteilhaft und deshalb anzustreben sind, einiges zu beachten:

  • Es dürfen grundsätzlich nur Biotiere zugekauft werden.
  • Eine Ausnahme bilden männliche Zuchttiere sowie Pferde, welche nicht zur Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden und Hobbytiere, deren Haltung keinerlei monetären Nutzen erzielt.
  • Die Hobbytiere dürfen also nicht für das Raus- oder BTS-Programm angemeldet werden. Die Raus Anforderungen müssen auf einem Biobetrieb aber wie in der kommerziellen Tierhaltung eingehalten werden. 
  • Wenn Nutztiere gewünscht, aber nicht auf dem Markt sind, kann ein Gesuch um Zukauf nicht biologischer Tiere an die bio.inspecta eingereicht werden. Die Kriterien, welche uns als Kontrollstelle eine Bewilligung ermöglichen, sind im Kriterienkatalog zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen ersichtlich. Dieser Kriterienkatalog ist ein Bestandteil des Bioregelwerks.  
Verletzungsgefahr in Stallungen
Gerade bei Tierbeständen wie Mutterkuhherden, welche die Vegetationsperiode oftmals in dauernder Weidehaltung verbrachten, ist es nun höchste Zeit sich mit der Stallung zu befassen. Notwendige Reparaturen und Anpassungen müssen äusserst zeitnah durchgeführt werden.

Ein regelmässig auftretender Tierschutzmangel auf den Biokontrollen ist die Verletzungsgefahr durch Stalleinrichtungen. Hierbei gilt es zu beachten, dass bei diesen Mängeln stets der gesamte, sich im Stall befindliche, Tierbestand sanktioniert wird.

Ein abgebrochener Liegeboxenbügel mit Verletzungsgefahr in einem Stall, in welchem sich 20 GVE Rinder befinden, zieht zwangsläufig eine Busse von mindestens 2000 Franken mit sich. Für diesen Betrag lassen sich einige neue Liegeboxenbügel kaufen.  

Hofdünger richtig lagern
Falls nötig bietet sich noch die letzte Möglichkeit, vor der Vegetationsruhe Hofdünger auszubringen. Verstösse rund um die Hofdüngerlagerung, mitunter als Folge mangelnder Lagerkapazität, treten regelmässig auf. Auch hier sollten ohne Verzögerung die Lagerstätten für das anstehende Sammeln der Winterhofdünger fit und damit der Gewässerschutzgesetzgebung entsprechend gemacht werden. Die kantonal unterschiedlichen Vorgaben bezüglich Ausbringung von Hofdüngern sollten in jedem Fall vorgängig abgeklärt werden. Ausgebrachter Hofdünger erzielt im Frühjahr die deutlich höhere Wirkung. Deshalb ist deren Einsatz im Spätherbst nur dann sinnvoll, wenn dies die Lagerkapazität zur zwingenden Notwendigkeit degradiert.  

Erschienen auf www.bioaktuell.ch